Wenn einer aus der Reihe tanzt,

ist die Reihe besser zu sehen.

Aus "WAS ist WAS" - einfach erklärt...

 

Was ist eigentlich Autismus?

Der Begriff Autismus kommt von griechisch αυτός (autos) was soviel bedeutet wie „selbst“. Beim Autismus handelt es sich um eine tiefgreifende Entwicklungsstörung. Autisten haben Schwierigkeiten, Beziehungen zu ihren Mitmenschen einzugehen, sich in sie hineinzuversetzen und mit ihnen zu kommunizieren.
 
Viele Autisten sind sehr stark auf bestimmte Gewohnheiten und Verhaltensweisen festgelegt. Sie geraten z. B. in Panik, wenn sie einen anderen Weg gehen sollen als sonst. Sie sammeln gern bestimmte Gegenstände oder befassen sich auf andere Art und Weise sehr intensiv mit ihrem Lieblingsthema, lernen z. B. Telefonbücher oder Landkarten auswendig.

 

Diese Eigenheiten kommen daher, dass Autisten Informationen aus ihrer Umwelt auf eine andere Art und Weise verarbeiten als andere Menschen. Andererseits sind manche Autisten in bestimmten Gebieten wie z. B. Mathematik, Kunst oder Musik hochbegabt. 
Es gibt jedoch viele verschiedene Ausprägungen von Autismus. Das bedeutet, dass ein Autist mit einem anderen kaum Gemeinsamkeiten haben muss. Es gibt Autisten die nicht sprechen können, große Lernschwierigkeiten haben und kaum Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen, aber auch hochintelligente Autisten, die Professoren werden oder in anderen Gebieten Experten sind. Man spricht von einem autistischen Spektrum um deutlich zu machen, wie groß die Bandbreite ist.
 
Welche Formen von Autismus gibt es?
 
Generell spricht man von der "Autismus-Spektrum-Störung", denn jeder Autist ist anders - jede Störung individuell ausgeprägt. Und manchmal gibt es fließende Übergänge.  Trotzdem unterscheidet man häufig noch in unterschiedlichen Formen: So unterscheidet man den "frühkindlichen Autismus" (Kanner-Syndrom), den ein Mensch von Geburt an hat und den "Asperger Autismus" oder auch Aspergersyndrom genannt, das oft erst später im Schulalter und manchmal sogar erst im Erwachsenenalter festgestellt wird. Es gibt auch den Atypischen Autismus - der, wie der Name schon sagt, sich nicht an die typischen "Symptome" hält.
 
Frühkindlicher Autismus (Kanner-Syndrom)
 
Kanner-Autisten vermeiden überwiegend Blick- und Körperkontakt, sie haben sehr häufig Schwierigkeiten damit, sprechen zu lernen, vielen gelingt das ihr ganzes Leben lang nicht. Wenn sie sprechen, dann hat ihre Sprache oftmals keinen kommunikativen Nutzen, d.h. sie sprechen auswendig gelernte Wörter oder Sätze immer wieder, unabhängig von der Situation in der sie sich befinden.
 
Da sie oft auch nicht auf etwas zeigen können, führen sie ihre Bezugspersonen z. B. zu einem gewünschten Gegenstand, um sich verständlich zu machen. Die meisten Menschen mit frühkindlichem Autismus bleiben immer auf Hilfe angewiesen.
 
Asperger-Autismus
 
Asperger-Autisten hingegen sind auf den ersten Blick weitaus unauffälliger. Sie können überwiegend korrekt sprechen, sind eher normal bis überdurchschnittlich intelligent und besuchen häufig eine normale Schule. Abstrakte Sachverhalte wie z. B. mathematische Formeln oder Spielregeln lernen viele leicht. Auf ihren Spezialgebieten können sie sich zu wahren Experten entwickeln, so gibt es z. B. herausragende Computerfachleute mit Aspergersyndrom.
 
Doch sobald Gefühle ins Spiel kommen, wird es für sie schwierig - was nicht bedeutet, dass sie keine Gefühle hätten. Aber es gelingt ihnen oft nicht, den Gesichtsausdruck ihres Gegenübers richtig zu deuten, einfache Höflichkeitsfloskeln wie das Grüßen oder der Smalltalk sind für sie sehr kompliziert. Da sie sich nicht in andere hineinversetzen können, sprechen sie manchmal unangenehme Sachverhalte unverblümt an und wundern sich dann, wenn ihre Umgebung sie unhöflich findet. Wenn sie sich mit anderen Menschen unterhalten, blicken sie ihrem Gegenüber meist nicht in die Augen.
 
Redewendungen mit übertragenen Bedeutungen (z. B. „jemanden an der Nase herumführen“) nehmen sie wörtlich, was zu ernsten Missverständnissen führen kann. Aufgrund dieser Schwierigkeiten können zwischenmenschliche Kontakte für sie sehr kompliziert und anstrengend sein. Autisten leben daher eher zurückgezogen und haben kaum Freunde. Die Grenze zwischen Asperger und Kanner-Syndrom ist fließend.
 
Wie entsteht Autismus?
 
Wodurch Autismus ausgelöst wird, ist bis heute nicht sicher geklärt. Vielmehr gibt es eine Reihe von Faktoren, die möglicherweise auch zusammenkommen müssen, damit Autismus entsteht. Bestimmte Veränderungen im Erbgut könnten Auslöser sein, ebenso vermuten Wissenschaftler ein Übermaß an dem männlichen Geschlechtshormon Testosteron im Mutterleib. Das würde auch erklären, warum viel mehr Jungen an Autismus erkranken als Mädchen. Auch Komplikationen bei der Geburt könnten eine Rolle spielen. Auf alle Fälle aber hat Autismus nichts damit zu tun, dass die Mutter kalt und unemotional mit dem Kind umgegangen sei im Säuglingsalter, wie es noch vor einigen Jahren hieß. Noch in den 60-er Jahren gab man den Müttern häufig die Schuld am autistischen Verhalten des Kindes. Selbst jetzt gibt es noch Menschen, die der Meinung sind, es sei alles eine Sache der Erziehung! Genau das ist es aber nicht!
 
Denken Autisten anders?
 
Durch computertomografische Aufnahmen von Autisten weiß man, dass in ihren Gehirnen Verbindungen verschiedener Regionen fehlen, besonders das Gefühlszentrum im Hirn ist schlecht „verdrahtet“. Dafür wächst das Gehirn eines Autisten rascher als das anderer Menschen – offenbar unterscheidet es nicht zwischen wichtigen und unwichtigen Informationen, alle werden gespeichert.
 
Dass es bei dieser Menge an Daten im Kopf zu einer Reizüberflutung kommen kann, verwundert nicht. Und tatsächlich sind viele Autisten sehr empfindlich, können z. B. laute Geräusche oder starke Gerüche kaum ertragen und fühlen sich in einer reizarmen Umgebung wesentlich wohler.
 
Nicht-Autisten besitzen eine eigene Gehirnregion, die nur für das Erkennen von Gesichtern zuständig ist. Bei Autisten scheint diese Region nicht aktiv zu sein, daher können sie Gesichtsausdrücke viel schlechter wahrnehmen. Auch bestimmte Verbindungen im Gehirn, die für das Nachahmen zuständig sind, funktionieren nicht so gut und tatsächlich: autistische Kinder imitieren beim Spielen ihre Bezugspersonen fast nie.
 
Wie wird Autismus behandelt?
 
Soweit bisher bekannt ist, kann man Autismus nicht heilen. Wohl aber lassen sich die Schwierigkeiten durch Verhaltenstherapien und soziales Kompetenztraining verringern. Es gibt Methoden, mit denen Autisten, die nicht sprechen können z. B. durch Bildkarten mit ihrer Umgebung kommunizieren können. Medikamente gegen Autismus gibt es nicht.
 
Gerade was die leichteren Formen von Autismus anbelangt ist es auch fraglich ob es sinnvoll ist, jemanden von seinem Autismus zu heilen. Mit dem Autistic pride day wollen Autisten nämlich gerade darauf hinweisen, dass sie nicht nur Schwierigkeiten sondern auch außergewöhnliche Begabungen haben und mit ihren Besonderheiten akzeptiert werden möchten. Autismusforscher glauben, dass viele berühmte Persönlichkeiten das Aspergersyndrom haben bzw. hatten, so z. B. Isaac Newton, Albert Einstein oder Bill Gates.
 
Anders zu sein bedeutet eben nicht schlechter zu sein, sondern auf andere Weise gut.
 
Links:
Allgemeine Informationen über Autismus: http://www.autismus.de/